Von Mono zu Multi: Strategien für die Verwaltung von Infrastruktur am Beispiel von Terraform

„Infrastructure as Code” (IaC) hat die Landschaft der Systemarchitektur revolutioniert. Doch mit den neuen Möglichkeiten entstehen auch neue Herausforderungen, insbesondere wenn es um die Verwaltung komplexer und wachsender Systeme geht. Wie teilt man solche Systeme am besten auf, um sie effizient und sicher zu verwalten, ohne sich in den Tücken eines überwältigenden Mono-States zu verlieren?

Dieser Artikel wirft einen Blick auf das Beispiel von Terraform-States und untersucht, wie Engineers und Architekten die Gefahren einer unkontrolliert wachsenden Infrastruktur mit sinnvollen Strategien vermeiden können.

Was ist ein Terraform-State?

Bevor wir weiter in die Details gehen, lass uns klären, was die Aufteilung eines Terraform-States genau bedeutet. Terraform ist ein „Infrastructure as Code (IaC)”-Tool, um Ressourcen über mehrere Anbieter (Provider) zu verwalten. Terraform verwendet einen sogenannten ,State’ zur Speicherung von Informationen über die verwalteten Ressourcen. Die Aufteilung des States in separate, kleinere Einheiten ermöglicht eine isolierte und flexiblere Verwaltung verschiedener Teile einer Infrastruktur. Dies minimiert Risiken und erhöht die Übersichtlichkeit, bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich.

Gefahren eines stetig wachsenden Terraform-States

In der Vergangenheit habe ich oft mit Micro-Service-Architekturen gearbeitet. Die Systemarchitektur war oft simpel und konnte in kleine, dockerisierte Applikationen geteilt werden. Dementsprechend wurde der naheliegende Ansatz verfolgt, die States in Micro-Services zu teilen. Durch diese Strategie konnten wir in schnellen Zyklen häufige Änderungen am Quellcode und an der Infrastruktur für einen Micro-Service vornehmen ohne, dass eine einzelne Änderung einen großen Einfluss auf das Gesamtsystem hat.  

Bei diesem Projekt jedoch standen wir vor einer neuen Herausforderung: Zum ersten Mal arbeiteten wir an einer großen Plattform, die nicht nur in Micro-Services geteilt werden kann. Darum wurde die Entscheidung getroffen, alle Ressourcen in einem Mono-State zu verwalten.

Mit der Zeit traten schnell Probleme auf, die uns die Notwendigkeit einer wohlüberlegten Aufteilung der States verdeutlichen. Mit folgenden Schmerzen mussten wir in diesem konkreten Fall kämpfen:

Potenzielle Nachteile eines wachsenden Mono-States

Performance-Einbuße
Da alle Ressourcen in einem einzigen State verwaltet wurden, führte das zu einer erheblichen Verzögerung bei der Durchführung von Operationen. Jede Änderung, auch wenn sie nur einen kleinen Teil der Infrastruktur betraf, erforderte eine vollständige Analyse des gesamten States. Das führte zu einer steigenden Latenz und beeinträchtigte unsere Fähigkeit, schnell und agil auf Anforderungen zu reagieren.

Merge-Konflikte
Wenn mehrere Personen an einem Mono-State arbeiten, steigt das Risiko von Merge-Konflikten. Änderungen, die von einem Teammitglied vorgenommen wurden, kollidierten oft mit denen eines anderen, und die Auflösung dieser Konflikte wurde schnell zu einem großen Zeitfresser.

Großer Blast Radius
Ein Fehler in einem Teil des Mono-States konnte weitreichende Auswirkungen haben und sogar andere, völlig unabhängige Teile der Infrastruktur beeinflussen. Der sogenannte „Blast Radius“ war groß, und die Isolierung von Fehlern erwies sich als äußerst schwierig.

Komplexe Verwaltung
Die Verwaltung eines einzigen, großen State wurde zunehmend komplex und unübersichtlich. Mit der Zeit wurde es schwierig, den Überblick über alle Teile und Abhängigkeiten zu behalten, was die Effizienz und Produktivität beeinträchtigte.

Probleme bei gleichzeitigen Änderungen
Wenn mehrere Teammitglieder gleichzeitig Änderungen am selben State vornahmen, entstanden Inkonsistenzen und Verwirrung. Ohne klare Aufteilung und Kontrolle konnte ein fehlerhafter Commit die Arbeit eines anderen Teammitglieds zunichtemachen oder sogar die gesamte Infrastruktur in einen inkonsistenten Zustand versetzen.

Lösungsfindung

Mit den wachsenden Problemen unseres Mono-States suchten wir intensiv nach Lösungen. Es war offensichtlich, dass der bisherige Ansatz nicht nachhaltig war. Doch welchen Weg sollten wir einschlagen?

Eine der ersten Ideen, die aufkam, war die Einführung weiterer Umgebungen. Indem wir neben Entwicklungs-, Test- und Produktionsumgebungen weitere Entwicklungsumgebungen für bestimmte Features aufsetzen, erhofften wir uns eine Strikte Trennung von einzelnen Änderungen an der Infrastruktur voneinander. Dieser Ansatz hatte jedoch seine eigenen Herausforderungen. Erstens hätten sich die Kosten erhöht, da wir nun mehrere Umgebungen in der Cloud betreiben müssten. Zweitens bestand immer noch das Risiko von Inkonsistenzen zwischen den Umgebungen, wenn Änderungen von einer zur anderen übertragen wurden.

Eine weitere Idee war, Änderungen in größeren Paketen zu liefern. Anstatt viele kleine Änderungen vorzunehmen, die zu Inkonsistenzen führen könnten, würden wir warten und mehrere Änderungen in einem größeren Update bündeln. Dies könnte das Risiko von Merge-Konflikten und Inkonsistenzen verringern. Allerdings hatte auch dieser Ansatz seine Nachteile. Das Bündeln von Änderungen könnte dazu führen, dass kritische Updates verzögert werden. Zudem würde es den agilen Entwicklungsprozess verlangsamen und könnte zu längeren Test- und Überprüfungszyklen führen.

Nach sorgfältiger Abwägung kamen wir zu dem Schluss, dass eine wohlüberlegte Aufteilung der Terraform-States die beste Lösung darstellte. Dieser Ansatz versprach, die oben aufgezählten Gefahren effektiv zu bekämpfen und gleichzeitig die Flexibilität und Agilität unseres Systems zu erhalten.

Doch wie soll diese Aufteilung konkret aussehen? Welche Kriterien und Überlegungen sollen in den Prozess einfließen? Diese Fragen führten uns zu einer tieferen Auseinandersetzung mit der Aufteilung von Terraform-States.

Die Kunst der Aufteilung von Terraform-States: Anforderungsanalyse

Die Aufteilung von Terraform-States erforderte von uns eine sorgfältige und durchdachte Herangehensweise, um sicherzustellen, dass wir die bestmögliche Struktur für unsere Anforderungen schaffen. Dabei waren für uns die folgenden Punkte bei der Anforderungsanalyse relevant:

Systemanforderungen
Zu Beginn berücksichtigten wir die Anforderungen unseres Systems. Mit zunehmender Komplexität des Systems wurde eine klare und logische Struktur immer wichtiger, um die Verwaltung und Skalierung zu erleichtern.

Teamstruktur
Die Struktur und Größe unseres Teams spielte eine entscheidende Rolle bei der Entscheidungsfindung. Eine effektive Aufteilung sollte die Zusammenarbeit innerhalb des Teams fördern und sicherstellen, dass alle Mitglieder ihre Rollen und Verantwortlichkeiten klar verstehen.

Expertise
Unsere Erfahrung und Kenntnisse in Bezug auf die verwendeten Technologien beeinflussten ebenfalls unsere Entscheidungen. Abhängig von unserer Expertise konnten wir bestimmen, wie detailliert und spezifisch die Aufteilung sein sollte.

Sicherheitsanforderungen
Sicherheit war ein weiterer wichtiger Aspekt. Abhängig von den Sicherheitsanforderungen mussten wir manchmal striktere Trennungen zwischen den verschiedenen Teilen der Infrastruktur vornehmen.

Geschäftsanforderungen 
Die Geschäftsziele und -anforderungen waren ebenfalls entscheidend. Es war wichtig sicherzustellen, dass unsere Aufteilungsentscheidungen die Geschäftsziele unterstützen und fördern.

Zukünftige Skalierbarkeit
Schließlich berücksichtigten wir die zukünftige Skalierbarkeit. Die Struktur sollte flexibel genug sein, um zukünftiges Wachstum und Änderungen im System zu unterstützen.

Mit diesen Überlegungen im Hinterkopf konnten wir eine Struktur entwickeln, die sowohl den aktuellen Bedürfnissen entspricht als auch genügend Flexibilität für zukünftige Herausforderungen bietet.

Vor- und Nachteile der Aufteilung von Terraform-States

Mit der Implementierung unserer erarbeiteten Struktur, traten sowohl Vorteile als auch Nachteile deutlich zutage. Während wir von zahlreichen positiven Aspekten profitierten, stießen wir auch auf einige Herausforderungen, die es zu bewältigen galt.

Vorteile

Flexibilität 
Durch separate States können Teams oder Einzelpersonen Änderungen autonom durchführen, wodurch das Risiko von Konflikten minimiert wird.

Übersichtlichkeit 
Die Gliederung in klar abgegrenzte Einheiten erleichtert die Handhabung und Orientierung im Projekt, was zu einem besseren Verständnis der Gesamtstruktur beiträgt.

Sicherheit
Die Trennung in individuelle States erlaubt es, gezielte Zugriffsbeschränkungen und Sicherheitsmaßnahmen zu setzen, was die Systemsicherheit erhöht.

Minimierung des Blast Radius 
Durch die Eingrenzung von Änderungen auf spezifische Bereiche wird das Risiko eines umfassenden Systemfehlers reduziert.

Anpassungsfähigkeit 
Dank der klaren Strukturierung können Modifikationen zügiger und reibungsloser durchgeführt werden, da weniger Stolpersteine im Weg liegen.

Performance
Individuellere und schlankere States beschleunigen die Bearbeitung von Ressourcen und steigern so die Gesamtperformance.

Nachteile

Komplexität 
Während die Aufteilung in einzelne Bereiche die Handhabung vereinfacht, kann sie die Gesamtkomplexität des Systems erhöhen.

Abhängigkeitsmanagement
Das Managen von Verknüpfungen und Abhängigkeiten zwischen den verschiedenen States kann zusätzliche Schwierigkeiten mit sich bringen.

Erhöhter Planungs- und Koordinationsaufwand
Die segmentierte Struktur kann mehr Abstimmung zwischen den Teams erfordern, was wiederum mehr Zeit und Anstrengung bedeutet.

Potenzielle Overhead-Kosten
Die Verwaltung mehrerer separater Einheiten kann zu erhöhten administrativen Kosten führen.

Herausforderungen bei der Implementierung
Ohne sorgfältige Planung und Umsetzung kann die Aufteilung zu unvorhergesehenen Problemen führen, die die vorgesehenen Vorteile beeinträchtigen könnten.

Beispiele für mögliche Aufteilungsstrategien

Wer sich schließlich für eine Aufteilung von IaC entscheidet, kann dabei unterschiedliche Aufteilungsstrategien verfolgen.

Hier sind ein paar Strategien, die als Ausgangspunkt dienen können. Wichtig ist erneut, bei der Auswahl gut abzuwägen.

  • Aufteilung nach Funktionsbereichen: Organisation nach Diensten oder Features, um einen zielgerichteten Fokus zu ermöglichen.
  • Aufteilung nach Sicherheitsanforderungen: Trennung der Infrastrukturkomponenten gemäß den Sicherheitsprotokollen und -richtlinien.
  • Aufteilung nach Geschäftsanforderungen: Strukturierung der Infrastruktur in Übereinstimmung mit den spezifischen Geschäftszielen und -anforderungen.
  • Aufteilung nach Micro-Services: Die Infrastruktur wird entsprechend der Micro-Services-Architektur aufgeteilt, wobei jeder Micro-Service separat verwaltet wird. Dies fördert die Unabhängigkeit und erleichtert das Deployment und die Skalierung von einzelnen Diensten.

Welche Strategie passt für mein Projekt?

Viele Unternehmen haben mehrere Bereiche und könnten von einer Kombination der oben genannten Ansätze profitieren. Diese hybride Aufteilung ermöglicht eine flexible Strukturierung, die sich an die spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen eines Projekts anpasst.

Diese Strategien dienen nur als Beispiele und Orientierung. Deine Wahl könnte auch von der Arbeit, die du selbst verfolgst, und deinem Zuständigkeitsbereich abhängen. In kommenden Artikeln werden wir jeden dieser Ansätze detailliert beleuchten. Dabei werden wir auch auf die oben genannten Überlegungen eingehen, die in Betracht gezogen werden sollten, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.

Fazit:

Die Entscheidung für oder gegen eine Aufteilung von Infrastructure-as-Code, wie im Beispiel der Terraform-States, erfordert eine sorgfältige Abwägung. Es gibt keine pauschale Antwort und die beste Lösung hängt von vielen Aspekten ab. Es hilft sicherlich, die hier beschriebenen Vor- und Nachteile gegenüberzustellen und für die konkrete Situation zu bewerten. 

Grundsätzlich bringt die Aufteilung von States eine ganze Reihe Vorteile mit, z.B. bezüglich Flexibilität, Sicherheit und Performance. Doch es entstehen dadurch auch ganz eigene Herausforderungen, wie die Verwaltung von Abhängigkeiten, sodass dieser Schritt nicht leichtfertig angegangen werden sollte.

Am Ende geht es darum, einen Weg zu finden, der die spezifischen Anforderungen und Ziele eines jeden Projekts erfüllt, ohne sich in der Komplexität zu verlieren. 

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