3 Aktivitäten, bei denen Scrum Master unerfahrenen Product Ownern helfen können
Der Product Owner als Dirigent
„Wir brauchen ein Produkt, das die Kunden lieben, welches aber auch für unser Geschäft funktioniert.“
Dies schreibt Marty Cagan in seinem Buch „Inspiriert“. Eine Idee für ein Produkt zu haben, ist eine Sache. Ein Produkt zu vertreiben, das die Kunden lieben und das gleichzeitig Wert für das Unternehmen schafft, ist jedoch eine ganz andere Herausforderung. Das Produkt muss nicht nur technisch realisierbar sein und Kunden begeistern, sondern sich auch von Mitbewerbern abgrenzen, kosteneffizient sein und neue Kunden akquirieren können. Außerdem müssen passende Vertriebskanäle geschaffen werden.
Die Produktentwicklung ist wie ein Orchester. Eine Vielzahl von Personen sollte zusammenarbeiten und verschiedene Aktivitäten koordinieren, damit das Produkt erfolgreich ist. Jeder im Ensemble kann zwar eigenständig sein Instrument spielen, aber es bedarf einer Person, die das Werk mit dem gesamten Orchester erarbeitet und es zur Aufführung bringt. In der Produktentwicklung mit Scrum wird diese Person als Product Owner bezeichnet.
Maarten Dalmijn beschreibt den Product Owner als jemanden, der die Zusammenarbeit zwischen den Stakeholdern, Entwicklern und Kunden dirigiert, um Wert zu schaffen.
In den vergangenen fünf Jahren habe ich als Scrum Master viele Menschen unterstützt, die neu in der Rolle des Product Owners waren. Dabei hat sich gezeigt, dass der beste Startpunkt für das Coaching der Schnittpunkt zwischen Entwicklern, Stakeholdern und Kunden ist. In Scrum entsteht dieser Schnittpunkt ganz natürlich durch die Scrum Events und die darin stattfindenden Aktivitäten.
Deshalb lautet mein Rat an dich: Hilf dem Product Owner, das Zusammenspiel zwischen Stakeholdern, Entwicklern und Kunden zunächst zu verstehen und anschließend zu koordinieren, um Wert für das Unternehmen zu schaffen. Wenn du meinem Rat folgen möchtest, findest du hier drei Aktivitäten, auf die du dich konzentrieren kannst.
Beginnen wir mit dem Zusammenspiel zwischen dem Product Owner und den Entwicklern:
Aktivität 1: Refinement von Product-Backlog-Einträgen
Refinement ist eine wiederkehrende Aktivität. Es dient dazu, Einträge im Product Backlog zu detaillieren und zu besprechen. Es ist auch eine gute Gelegenheit, mit Designern und Entwicklern auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten.
Ich schreibe hier bewusst „auf Augenhöhe“. Ein Feature wird nur erfolgreich sein, wenn es die folgenden drei wichtigen Merkmale besitzt. Zur Umsetzung dieser Merkmale müssen Product Owner, Designer und Entwickler zusammenarbeiten:
- Der Product Owner ist verantwortlich dafür, dass das Feature für die Nutzer wünschenswert ist.
- Der Designer ist verantwortlich dafür, dass es benutzerfreundlich ist.
- Die Entwickler sind verantwortlich dafür, dass es technisch umsetzbar ist.
Nur durch eine passende Kombination aller drei Faktoren wird ein neues Feature einen Mehrwert für das Produkt darstellen. Das Product Backlog Refinement bietet eine gute Gelegenheit, diese Kombination zu suchen.
Aktivität 2: Sprint-Ziele formulieren
Es reicht nicht aus, nur auf Augenhöhe mit den Entwicklern zu arbeiten.
Wie der Dirigent im Orchester den Takt vorgibt, muss der Product Owner eine Gruppe von Entwicklern in ein Team verwandeln.
Was unterscheidet eine Gruppe von einem Team? Ein gemeinsames Ziel. Scrum-Teams setzen sich für jeden Sprint gemeinsam ein neues Ziel: das Sprint-Ziel. Die Betonung liegt hier auf dem Wort „gemeinsam“. Das Fertigstellen des gesamten Sprint Backlogs ist ein Ziel, aber es fördert nicht die Zusammenarbeit im Team. Ein gemeinsames Ziel zu haben bedeutet, dass die Entwickler, der Scrum Master und der Product Owner zusammenarbeiten müssen, um es zu erreichen. Wenn jeder im Team nur seine Arbeit bis zum Ende des Sprints erledigen muss, damit das Sprint-Ziel erreicht wird, dann ist das kein Ziel, das zur Zusammenarbeit einlädt. Eine Frage, die dabei hilft, das Team auf ein gemeinsames Ziel auszurichten, lautet:
„Was wird nach diesem Sprint für unsere Nutzer oder Kunden anders sein?“
Diese Frage erweitert das Zusammenspiel zwischen Entwicklern, Product Owner und Kunden oder Nutzern. Für das perfekte Orchester fehlen jetzt nur noch die Stakeholder.
Aktivität 3: Sprint Review moderieren
Damit ein Produkt wirklich für ein Unternehmen funktioniert, müssen Product Owner verstehen, wie der Markt und das Geschäft funktionieren.
Dafür sind Product Owner in der Regel auf die Expertise von Stakeholdern im Unternehmen angewiesen. Um diese Zusammenarbeit zu ermöglichen und regelmäßig zu wiederholen, gibt es in Scrum das Sprint Review. Es ist ein Arbeitstermin, bei dem die Stakeholder zusammen mit dem Scrum-Team die Ergebnisse des Sprints überprüfen und mit der Marktsituation und der strategischen Ausrichtung des Unternehmens abgleichen. Auf der Grundlage dieser Informationen arbeiten die Teilnehmer gemeinsam daran, was als Nächstes zu tun ist. Wie im letzten Abschnitt liegt hier die Betonung wieder auf dem Wort „gemeinsam“. Damit diese Zusammenarbeit im Review effektiv ist, hilft es, das Produkt transparenter zu machen. Da wir digitale Produkte nicht anfassen können, fällt es Stakeholdern und dem Scrum-Team häufig schwer, ein gleiches Verständnis für die aktuelle Version des Produkts und die Marktsituation herzustellen.
Du kannst dieses Verständnis aufbauen, indem du das Produkt mithilfe des Lean-Business-Model-Canvas transparent machst. Für mich hat sich dieses Vorgehen so bewährt, dass ich es auch in meinem „Professional Scrum Product Owner“-Training den Teilnehmern beibringe.
Das Ergebnis ist immer das gleiche:
Die Beteiligten im Sprint Review hören auf, darüber zu sprechen, welche Tickets in Jira auf „done“ geschoben wurden, und fangen stattdessen an, über die Nutzer, deren Probleme, das Wertversprechen des Produkts, Absatzkanäle, Kostenstrukturen und Budgets zu sprechen. Und basierend auf diesen Einsichten planen sie die obersten Einträge im Product Backlog.
Als Scrum Master kannst du die Scrum-Events nutzen, um Product Ownern das Zusammenspiel zwischen Stakeholdern, Entwicklern und Kunden näherzubringen. Product Owner, die wirklich Verantwortung für den Erfolg des Produkts übernehmen, dirigieren dieses Zusammenspiel so, dass Wert geschaffen wird.
Dieses Ziel solltest du beim Product-Owner-Coaching nie aus den Augen verlieren!