Effektive Kommunikation als Wettbewerbsvorteil: 3 mächtige Facilitations-Methoden für dein Team
Effektive Kommunikation ist ein klarer Wettbewerbsvorteil für Unternehmen. Einige aufschlussreiche Statistiken (Quelle: expertmarket.com) belegen dies:
- 86 % der Arbeitnehmer und Führungskräfte nennen das Fehlen einer effektiven Zusammenarbeit und Kommunikation als Hauptursache für Misserfolge am Arbeitsplatz.
- Eine verbesserte interne Kommunikation kann die Produktivität eines Unternehmens um bis zu 25 % steigern.
- 97 % der Mitarbeiter sind überzeugt, dass sich die Kommunikation auf ihre tägliche Arbeitseffizienz auswirkt.
Wichtig: Effektiv bedeutet nicht schneller, sondern besser!
Im Falle von Scrum-Teams liegen die Auswirkungen einer besseren Kommunikation auf der Hand:
- In Sprint Plannings findet das Team ein Sprint-Ziel, hinter dem jeder steht.
- Das Resultat des Daily Scrums ist ein aktualisiertes Scrum Board und nicht ein weiteres Meeting.
- Das Sprint Review ist ein wirklicher Arbeitstermin. Ein Außenstehender kann nicht zwischen Stakeholdern und Entwicklern unterscheiden.
- Die Diskussionen in den Sprint Retrospektiven drehen sich nicht im Kreis, sondern enden mit einer konkreten Verbesserung.
In der Realität sieht es jedoch häufig eher so aus:
- In Meetings reden alle durcheinander.
- Ein Kollege wiederholt sich ständig, wie eine Schallplatte, die einen Sprung hat.
- Am Ende findet immer nur die lauteste Stimme Gehör.
- Die Events werden regelmäßig zeitlich überzogen und/oder bleiben ergebnisoffen.
Mit Facilitationstechniken kannst du die Kommunikationskultur formen und fördern
Wenn dir das bekannt vorkommt, ist es dringend an der Zeit, das zu ändern!
Eine bessere Kommunikationskultur muss her. Kultur bedeutet Verhalten. Verhalten lässt sich über Gewohnheiten und Rituale etablieren.
Unerfahrene Scrum Master gehen davon aus, dass gute Facilitation nur dazu da ist, produktiver in Meetings zu arbeiten. Aus meiner Erfahrung ist das zu kurzsichtig. Wir müssen die Chance nutzen, über konsequente und bewusste Verwendung von Facilitationstechniken, Gewohnheiten zu etablieren, die eine gesunde Kommunikationskultur festigen.
Seit dem Jahr 2015 arbeite ich in Scrum-Teams und habe viele Methoden und Techniken ausprobiert. Mit einigen davon ließ sich die Arbeit der Teams für den Moment häufig effektiver gestalten. Allerdings habe ich beobachtet, dass sich über die Zeit auch die Zusammenarbeit im Team insgesamt verändert hat. Es kam zu einer Verhaltensänderung bei der Zusammenarbeit.
Mit der Zeit haben sich neue Gewohnheiten gefestigt, bis sich schließlich die gesamte Kommunikationskultur spürbar positiv wandelte:
- Es gab deutlich weniger Gruppendenken,
- eine ungezwungene Entstehung von Konsens,
- es wurde ruhig zugehört und alle Wort-Beiträge gesammelt und zusammengefasst,
- Argumente wurden strukturiert vorgestellt,
- es wurde um Hilfe gebeten und Hilfestellungen wurden gegeben.
Rückblickend kann ich sagen, dass sich diese positive Wendung zu einem großen Teil auf die kontinuierliche Verwendung folgender drei Facilitations-Übungen zurückführen lässt, die alle einfach anzuwenden und gut in Scrum-Events zu integrieren sind:
1. Gruppendenken vermeiden und auf natürliche Weise Konsens herstellen mit der Facilitationstechnik „1-2-4-Alle“
So läuft 1-2-4-Alle ab:
- Jeder im Team macht sich Gedanken zur aktuellen Problemstellung (etwa 1 Minute).
- Im Zweierpaar wird diese Idee weiterentwickelt (etwa 2 Minuten).
- In Vierergruppen werden die Ideen aus den Paaren verfeinert. Arbeitet in der Vierergruppe auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Ideen heraus (etwa 4 Minuten).
- Jede Vierergruppe stellt seine wichtigsten Ideen der Gesamtgruppe vor.
Mögliche Anwendung von 1-2-4-Alle:
- Im Sprint Planning zusammen mit der Frage: „Welches Ziel sollten wir im aktuellen Sprint angehen, um den Wert des Produkts für unsere Nutzer zu steigern?“
- Im Daily Scrum zusammen mit der Frage: „Was sollten wir heute unbedingt tun, um Fortschritte bei der Verwirklichung des Sprint-Ziels zu erzielen?“
2. Um Hilfe bitten, praktische Hilfestellungen formulieren und wiedergeben, was andere sagen: Die Troika-Beratung
Ablauf der Troika-Beratung:
- Lade die Teilnehmer ein, sich eine Frage zu überlegen, die sie als Klient stellen wollen (etwa 1 Minute).
- Der erste Klient stellt seine Frage in seiner Dreiergruppe (etwa 1–2 Minuten).
- Die Berater richten Verständnisfragen an den Klienten (etwa 1–2 Minuten).
- Der Klient dreht sich um, sodass er den Beratern seinen Rücken zuwendet.
- Die Berater entwickeln Ideen, Vorschläge und Ratschläge (mindestens 4–5 Minuten).
- Der Klient dreht sich wieder um und teilt mit, was für ihn am wertvollsten an dieser Erfahrung war (etwa 1–2 Minuten).
- Die nächste Person aus der Gruppe nimmt die Rolle des Klienten ein und die Gruppe wiederholt die Schritte.
Mögliche Anwendung der Troika-Beratung:
- Developer können sich bei der Lösung von technischen Problemen gegenseitig Hilfestellung geben.
- Im Refinement können die Experten und Stakeholder (Softwarearchitekten, Analysten, Supportmitarbeiter oder Testmanager) um Hilfe gebeten werden, um mehr über die Arbeit im Product Backlog in Erfahrung zu bringen.
3. Zuhören und strukturiert argumentieren: White-Elephant-Prinzipien
Die White-Elephant-Prinzipien gehen auf den White-Elephant-Gift-Exchange zurück und so setzt du sie um:
Ablauf der White-Elephant-Prinzipien:
Der Facilitator startet einen 30-Sekunden-Timer, dann ist das erste Teammitglied an der Reihe.
- Das Mitglied wählt ein Element (z.B. Task, Vorschlag, … je nach Kontext) und liest es der Gruppe laut vor.
- Dann platziert es die Karte auf der Skala dort, wo es glaubt, dass sie im Kontext am besten passt.
- Das Teammitglied begründet, warum es die Karte dort platziert hat.
- Dann ist das nächste Mitglied an der Reihe und der Prozess wird wiederholt, wobei der Facilitator die Zeituhr neu startet.
Wenn alle Elemente auf der Skala platziert wurden, ist es an der Zeit, Anpassungen in der Reihenfolge der Elemente vorzunehmen.
- Der Facilitator gibt jedem Teammitglied der Reihe nach die Gelegenheit, ein Element auf der Skala zu verschieben.
- Das Teammitglied nennt die Gründe, warum es das Element verschoben hat. Für das Verschieben und Begründen beträgt das Zeitlimit eine Minute.
- Die Teammitglieder führen diesen Schritt reihum so lange durch, bis jedes Mitglied mit der Reihenfolge zufrieden ist.
Mögliche Anwendung der White-Elephant-Prinzipien:
- Im Sprint Planning lässt sich der Task Break Down mithilfe der White-Elephant-Prinzipien facilitieren.
- Im Sprint Review können die Stakeholder unter Berücksichtigung der White-Elephant-Prinzipien den Product Backlog ordnen. So erhält das Scrum-Team wertvolle Einsichten, welche Einträge wichtig sind.
- Der Austausch über mögliche Verbesserungen in der Sprint Retrospektive kann so strukturierter moderiert werden.
Ich bin von der Wirkung dieser Facilitation-Techniken auf die Kommunikationskultur so überzeugt, dass ich sie auch in meinem „Professional Scrum Facilitation Skills“-Training an die Teilnehmer weitergebe. Nachdem die Teilnehmer etwa die White-Elephant-Prinzipien in einer Übung angewendet haben, war dies ihre Rückmeldung, was ihnen die Technik ermöglichen wird:
Hier noch drei abschließende Tipps, wie du diese Techniken einsetzt:
- Erkläre deinem Team nicht, dass du beim Facilitieren auf besondere Techniken zurückgreifst, leite das Team einfach an.
- Teile dein Vorgehen erst mit deinen Teammitgliedern, wenn sie die Wirkung auf ihre Zusammenarbeit erfahren haben und dich fragen, was dein Geheimnis ist.
- Ab diesem Zeitpunkt solltest du die Zusammenarbeit nicht mehr facilitieren, sondern interessierten Teammitgliedern deine Techniken unterbreiten und sie bei der Umsetzung coachen. So schaffst du die Grundlage, dass die Zusammenarbeit auch effektiv ist, wenn du nicht an den Scrum-Events teilnimmst.
Aus meiner Erfahrung ist dieses Vorgehen die beste Möglichkeit, als Scrum Master das Selbstmanagement im Team zu fördern!
Wenn du mehr erfahren willst oder Fragen zu den Facilitation-Techniken hast, dann schau dir mein letztes Webinar zum Thema „Effektive Kommunikation: Wie nur 3 Facilitation-Methoden die wichtigste Fähigkeit eines Scrum-Teams fördern“ an.
Erstveröffentlicht am 19. Februar 2023, aktualisierter Stand: 08. November 2024.