Agilität als Mittel zur persönlichen Entwicklung

Agilität als Mittel zur Persönlichkeitsentwicklung

Du arbeitest im agilen Kontext und findest es super, dass die Teams sich ständig reflektieren, sich fragen, was sie besser machen können und dann an konkreten Action Items arbeiten? Gleichzeitig fällt es dir selbst schwer, die vorgenommene Sporteinheit durchzuziehen, die gesündere Ernährungsweise durchzuhalten, die Bücher auch zu lesen, welche du dir bestellt hast und schon lange deinen Schreibtisch schmücken?

Du findest es super, dass in einer Review Personen sich fragen, ob wir immer noch auf die Vision und das Ziel zusteuern und was wir tun können, um den Kurs anzupassen? Gleichzeitig arbeitest du jeden Tag ohne dich zu fragen, ob das was du tust noch das ist, was du tun möchtest? Ob dein Alltag und deine Gewohnheiten darauf einzahlen, was du gerne sein möchtest und wo du gerne hinwillst?

Falls du eine dieser Fragen mit Ja beantworten kannst, dann habe ich nachfolgend ein spannendes Experiment für deine persönliche Weiterentwicklung.

Meine Annahme ist, dass viele Personen, die diesen Blogartikel lesen, sich mit Agilität beschäftigen und täglich damit zu tun haben.

Doch ist Agilität wirklich hilfreich, wenn es um die eigene Persönlichkeitsentwicklung geht?

Viele Personen verbringen 1/3 ihres Tages damit zu arbeiten. Wenn wundert es, dass viele Personen durch ihr tägliches Wirken beeinflusst werden? Wenn wir lernen, dass gewisse Prinzipien, Methoden und Denkweisen in einem Kontext funktionieren, neigen wir dazu, diese auch auf unser Privatleben und unsere persönliche Entwicklung zu übertragen.

Wasser predigen und Wein trinken?

Häufig erlebe ich es sowohl in meiner Praxis als Scrum Master/Agile Coach, aber auch in der Praxis als Coach/Therapeut, dass Personen sich sehr schwer damit tun, die Dinge anzuwenden, die sie im beruflichen Kontext meistern. Vielleicht geht es dir genauso. Doch worin liegt der Unterschied? Sollten wir nicht in der Lage sein, das gleiche auch bei uns anzuwenden? Empfinden wir die Prinzipien und Denkweisen nicht als hilfreich, welche wir täglich predigen und würden diese nicht liebend gerne auch in unser Privatleben übertragen? Ich möchte dir nachfolgend ein paar Tipps mit auf den Weg geben, wie dir das dennoch gelingen kann. Am besten nimmst du dir jetzt ein Blatt Papier oder ein leeres Dokument und notierst die nachfolgenden Fragen mit. Die Antworten darauf könnten dich selbst überraschen.

Stell dir vor du bist der Product Owner deiner eigenen Entwicklung

Es hilft, wenn du dir vorstellst, dass alles möglich ist. Tue für eine kurze Zeit so, als ob…

  • Was ist die Version deiner Selbst auf die du zusteuern möchtest? (Wer/wie möchtest du sein)
  • Was sind die Dinge, die dir an deiner Entwicklung am wichtigsten sind? (Werte-Hierarchie)
  • Sind die Dinge, die du vl. bereits aktuell tust, auch die Dinge, die dich diesem Ziel näher bringen? (aktuelle Strategie)
  • Welche kleinen Schritte könntest du auf dem Weg dorthin machen?
  • Wie würde ein geordnetes Backlog aussehen, welches du für deine persönliche Entwicklung erstellen würdest? 
  • Woran erkennst du, dass du auf dem richtigen Weg bist?

Wo genau sind die Parallelen zwischen „Agilem Arbeiten“ und meiner Persönlichkeitsentwicklung?

Bei Agilität sprechen wir häufig von adaptiven komplexen Systemen. Mehrere Personen mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten versuchen gemeinsam komplexe Probleme zu lösen.

Im Rahmen meines Psychologiestudiums habe ich in einer Psychosomatik-Klinik gearbeitet. Ein häufig verwendeter Ansatz war hierbei die Aufstellungsarbeit oder auch die Teile-Arbeit. Die Annahme dieser Methoden ist, dass wir selbst auch ein adaptives komplexes System sind. Wir haben in uns mehrere Teile, welche in verschiedenen Situationen wirksam sind und teilweise auch konkurrieren. Hier ein Beispiel:

“Eigentlich sollte ich ja Sport machen, aber hier auf der Couch mit den Süßigkeiten ist es sehr gemütlich.”

  • Ein Teil von dir möchte also das Bedürfnis nach Sport und gesunder Ernährung verfolgen. 
  • Ein anderer Teil von dir möchte dem Bedürfnis nach Entspannung nachkommen. 

Du hast also die Möglichkeit, viele dir bekannten Methoden, Prinzipien und Denkweisen zu nutzen, um deine eigene persönliche Weiterentwicklung voranzutreiben. Du darfst beim Predigen allerdings nicht aufhören.

Dein persönliches WIP-Limit

Dir ist bestimmt bekannt, dass sich die Durchlaufzeit erhöht, sobald an zunehmend mehr Dingen gearbeitet wird. Wie sieht es bei dir privat aus? Versuchst du viele Teller gleichzeitig hochzuhalten, anstatt dich auf eine Sache zu konzentrieren? Dies ist durchaus übertragbar auf die Anzahl an Freundschaften, die man versucht zu pflegen und aufrechterhalten, anstatt sich auf wenige Freunde fokussiert und dadurch die Beziehung viel stärker vertieft.

Genauso ist es bei persönlichen Erledigungen, Dingen die man lernen oder auch tun möchte. Und bestimmt fallen dir noch weitere Beispiele in deinem Kontext ein?

Fokussiere dich auf wenige Dinge.

Dein persönliches Daily Stand-up

Wenn dir dein Ziel klar ist, ist dir dieses ständig präsent? Fragst du dich täglich (wie du es vermutlich Teams empfehlen würdest), was du heute tun kannst, um dem ganzen ein Schritt näher zu kommen? (Vergleich zum Sprint Ziel)

Hilfreiche Fragen könnten dabei sein:

  • Was kann ich heute aktiv tun, um meinem Ziel näher zu kommen?
  • Was ist das wichtigste, was ich heute erledigen möchte?
  • Was hält mich aktuell davon ab meinem Ziel näher zu kommen und wie kann ich das überwinden?

In vielen Ratgebern ist die Rede von „aktivierenden Fragen am Morgen“. Diese können durchaus hilfreich sein, wenn es dein Ziel ist deine Zufriedenheit zu steigern, eine intensive Partnerschaft zu erleben und vieles mehr.

Tony Robbins schlägt hier die nachfolgenden vor: (so könnte dein Daily Stand-up aussehen)

  1. Worüber bin ich in diesem Augenblick meines Lebens glücklich? Was genau macht mich glücklich daran? Welches Gefühl löst der Gedanke in mir aus?
  2. Was finde ich in diesem Augenblick meines Leben aufregend? Was genau erregt mich daran? Welches Gefühl löst der Gedanke in mir aus?
  3. Worauf bin ich in diesem Augenblick meines Leben dankbar? Was genau lässt mich dankbar sein? Welches Gefühl löst der Gedanke in mir aus?
  4. Worauf bin ich in diesem Augenblick meines Leben stolz? Was genau lässt mich stolz sein? Welches Gefühl löst der Gedanke in mir aus?
  5. Was geniesse ich in diesem Augenblick meines Lebens am meisten? Was genau geniesse ich daran? Welches Gefühl löst der Gedanke in mir aus?
  6. Wofür engagiere ich mich in diesem Augenblick meine Lebens? Was genau geniesse ich daran? Welches Gefühl löst der Gedanke in mir aus?
  7. Wen liebe ich? Wer liebt mich? Welches Gefühl löst der Gedanke in mir aus?

Frage dich jeden Morgen (und Abend), gewisse Fragen, welche dich deinem Ziel näher bringen und die dich darauf fokussieren

Deine persönliche Entwicklungs-Retrospektive

Gibt es regelmäßige Zeitintervalle, in welchen du dich fragst, was du besser machen kannst? Was gut oder schlecht lief in verschiedenen Lebensbereichen? Es könnte dir durchaus helfen dies zu tun! Viele haben Vorsätze für das neue Jahr. Ich bin mir sicher, dass du einem Team nicht empfehlen würdest dich nur ein Mal im Jahr „Wünsch dir was“ zu spielen? Wenn du eine Retrospektive für dein adaptives komplexes System vorbereiten würdest, wie müsste es aussehen und welche Fragen sollte es beinhalten, sodass es am meisten Wirkung erzielt? In welchem Abstand möchtest du selbst Feedback haben?

Du wirst beeindruckt sein, was dir durch so wenig Aufwand alles möglich ist!

Mache in einem regelmäßigen Abstand deine eigene persönliche Retrospektive

Fazit

Es gäbe noch viele weitere Vergleiche, welche ich zunehmend mehr sowohl als Agile Coach als auch als Psychologe wahrnehme. Die Arbeit an und mit komplexen adaptiven Systemen ist sowohl bei Teams als auch bei dir selbst möglich. Du kannst selbst sehr viel proaktiv tun, um dein eigenes System zu beeinflussen und das auf eine positive weise.

Nutze die Dinge, die du bereits erfolgreich anwendest und helfe dir selbst.

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