5 Frameworks zur Wertquantifizierung, die unter erfahrenen Produktmanagern weitverbreitet sind

Die neue Art, im digitalen Zeitalter über Produktmanagement nachzudenken, besteht darin, das Produkt als eine Data-Mining-Maschine zu sehen.

Die regelmäßige Lieferung von neuen Produktversionen, die Nutzung des Produkts, Umfragen bei Kunden, Marktanalysen und App-Telemetrie liefern immer mehr Daten. Diese Daten bestätigen, was Wert generiert und was nicht.

Unerfahrene Produktmanager stellt dies vor die Frage: Was ist Wert?

Hier stelle ich 5 bewährte Frameworks vor, die erfolgreiche Produktmanager verwenden, um den Wert ihres Produkts zu beschreiben.

Framework 1: Logic-Model

Welche Dinge, die in der Produktentwicklung unternommen werden, tragen zur Wertschöpfung bei?

Antwort darüber kann die logische Modellierung von Wirkzusammenhängen liefern. Sie beschreibt hypothetisch die Aktivitäten zur Produktentwicklung als Kette von Ursachen und Wirkungen, die zu einem wünschenswerten Ergebnis führt. Diese Beschreibung bildet für Produktmanager eine einfache Möglichkeit zu messen, welche Dinge wirklich zur Wertschöpfung beitragen.

Das Grundgerüst des Logic-Models der W. K. Kellogg Foundation im Überblick:

Ressourcen und Inputs:

Die Dinge, die das Unternehmen investiert.

Dazu gehören Materialien, Arbeitsequipment, Budget und Räumlichkeiten.

Ressourcen und Inputs beschreiben, welche Dinge notwendig sind, damit die Menschen in der Organisation die Arbeiten verrichten können.

Aktivitäten:

Hierbei handelt es sich um Dinge, die Menschen in der Organisation tun.

Beispiele für Aktivitäten sind die Teilnahme an Meetings und Diskussionen, das Schreiben von Code, das Erstellen von Designs und Berichten, das Besuchen von Vorträgen oder auch Konferenzen.

Aktivitäten beschreiben, welche Arbeiten verrichtet werden, um Output für unser Unternehmen zu generieren.

Outputs:

Das sind die Dinge, welche die Organisation produziert.

Dazu gehören Produkt-Releases (einschließlich Features und Funktionen), Content, Dienstleistungen, Berichte, Bug-Reports, Strategien, Programme, Initiativen und Projekte. Am Ende eines jeden Arbeitstages ist der Output das, was die Menschen im Unternehmen produziert haben. Das, was in der Produktion vom Band rollt. Es ist das, was unsere Nutzer und Kunden bei uns kaufen, nutzen und konsumieren.

Beispiele für Output sind eine neue Chat-App, eine schnellere Möglichkeit, meine Quittungen für Spesenabrechnungen zu scannen, eine neue Urlaubsregelung im Unternehmen oder eine Initiative für mobiles Arbeiten im Büro und zu Hause.

Outcome:

Das ist das erwünschte Ergebnis, welches Nutzer oder Anwender des Produktes erfahren, wenn ihnen der Output zur Verfügung steht.

Das Ergebnis beantwortet die Frage: „Was machen die Menschen jetzt anders, nachdem wir einen Output geliefert haben?“ Ergebnisse sind keine Produktfunktionen oder Produktfeatures, sondern beobachtbare Verhaltensänderungen bei unseren Anwendern, wenn sie das Produkt benutzen. Beispiele könnten lauten: „65 % der Nutzer verwenden bei der Registrierung nun die Single-Sign-On-Methode“ oder „50 % unserer Zielgruppe haben ein Upgrade auf die neue App vorgenommen“.

Outcomes drücken aus, ob der Output Wert für unseren Nutzer erzeugt.

Impacts:

Ein Impact drückt aus, welche Auswirkung das Ergebnis für Nutzer und Kunden auf den Zustand unseres Unternehmens hat.

Impact-Metriken sind die wichtigsten Messgrößen für die Gesundheit unseres Unternehmens. Diese Metriken findet man häufig auf einem KPI-Dashboard für das Management. Absatz, Umsatz, Gewinnspanne, Kundenzufriedenheit oder Abwanderungsraten sind nur einige Beispiele, die man als Impact-Metriken bezeichnen kann.

Impact-Metriken blicken zurück auf Outcomes für unsere Nutzer und drücken den dadurch generierten Wert für unser Unternehmen aus.

Die logische Modellierung der Produktentwicklung als Kette von Ressourcen und Inputs, Aktivitäten, Outcomes und Impacts hilft Produktmanagern zu verstehen, welche Dinge für die Produktentwicklung wertvoll sind. Die Modellierung liefert gute Anhaltspunkte, welche Dinge gemessen werden sollten, um ein quantitatives Verständnis des Wertstroms zu erhalten.

Framework 2: ​Wert-Pyramide

Der Preis eines Produkts bestimmt nicht ausschließlich dessen Wert.

Kunden bewerten den Wert eines Produkts über den Preis und den resultierenden Mehrwert, welchen ihnen die Verwendung des Produkts verspricht. Bestimmen Unternehmen den Wert eines Produkts nur über den Preis, den sie am Markt erzielen, entsteht somit eine Lücke. Diese Lücke können Unternehmen füllen, wenn sie verstehen, was ihre Kunden an ihrem Produkt wertschätzen. Dieses Verständnis ist entscheidend für Unternehmen, die ihre Produkte verbessern möchten oder innovative neue Produktangebote schaffen wollen.

Bain Research hat deshalb die Elemente des WertesTM erarbeitet, um Produktmanagern zu helfen, möglichen Wert für ihre Produkte zu ergründen. Diese Liste basiert auf der Bedürfnispyramide nach Moslow. Die einzelnen Elemente werden dabei in vier Bereiche unterteilt. Im Folgenden werden die Bereiche mit einem Beispiel erklärt:

Funktional:

Spart dem Nutzer Zeit oder vereinfacht Dinge in seinem Alltag. Amazons 1-Click-Feature spart Kunden Zeit, da beim Kaufvorgang keinerlei Daten mehr eingegeben werden müssen.

Emotional:

Hilft Nutzern, sich attraktiver zu fühlen oder erinnert die Kunden an etwas Positives aus der Vergangenheit. Die Beetle-Baureihe von Volkswagen ist dem beliebten Design nachempfunden, das in den 1930er-Jahren entstand und bis in die 1970er-Jahre hinein produziert wurde, und lässt Besitzer in Nostalgie schwelgen.

Lebensverändernd:

Hilft Nutzern, sich selbst zu verwirklichen. Kunden kaufen Leica-Kameras, da sie stolz darauf sind, eine Kamera zu besitzen, welche viele berühmte Fotografen vor ihnen verwendet haben.

Soziale Auswirkung:

Der Kauf des Produkts hilft anderen Menschen oder der Gesellschaft im Allgemeinen. Beim Kauf einer TOMS-Brille unterstützt der Käufer Menschen in Entwicklungsländern.

Die Elemente des WertsTM liefern Produktmanagern erste Anhaltspunkte, was Kunden an ihrem Produkt wertschätzen könnten.

Framework 3: AARRR-Metriken

Wie lässt sich der Wert eines Produkts bestimmen, wenn es noch am Anfang steht?

Um diese Frage zu beantworten, greifen erfahrene Produktmanager und Start-up-Gründer auf das AARRR-Framework zurück. Das Framework geht auf Dave McClure, Gründer des Start-up-Inkubator „500 Startups“, zurück und AARRR steht für Acquisition, Activation, Retention, Referral und Revenue.

Acquisition:

Woher kommen die Kunden des Produkts?

 Für ein Software-as-a-Service-Produkt (SaaS) könnten potenzielle Kunden erst die Website besuchen, sich dann mit ihrer E-Mail zum Newsletter oder einem Webinar anmelden. Nach der Webinar-Teilnahme ruft jemand vom Vertriebsteam an und der Kunde entscheidet sich für das Produkt. Die einzelnen Schritte zu verstehen, die ein potenzieller Kunde durchläuft, bis er ein Kunde ist, ist entscheidend in der Kundengewinnung.

Activation:

Wie gut ist die erste Erfahrung für den Kunden?

Im Beispiel des SaaS-Produkts stellen wir uns hier die Frage, ob der Kunde das Produkt nach dem Kauf auch tatsächlich verwendet. Um den Kunden hier behilflich zu sein, bieten SaaS-Produkte in der Regel einen umfassenden Onboarding-Support an oder stellen einen Kundenbetreuer bereit, der die Kunden durch die Benutzung des Produkts führt.

Retention:

Wie viele Kunden bleiben und warum werden andere verloren?

Kundenbindung bedeutet, dass die Menschen regelmäßig wiederkommen, um das Produkt zu nutzen. Das Gegenteil von Kundenbindung ist die Kundenabwanderung. Erfolgreiche Unternehmen messen beides für ihr Produkt. Denn Wachstum ist nur möglich, wenn die Kundenakquisitionsrate größer ist als die Kundenabwanderungsrate.

Referral:

Wie können wir Kunden zu Fans des Produkts machen?

Der einfachste Weg, um langfristiges Wachstum zu erzielen, sind Weiterempfehlungen. Zwei bekannte Metriken, die messen, ob Kunden das Produkt weiterempfehlen, sind der ​​Net-Promoter-Score und der Viral-Koeffizient. Letzterer beschreibt die Anzahl weiterer Kunden, die ein Kunde empfohlen hat. Ein Garant für Wachstum ist, wenn der durchschnittliche Viral-Koeffizient größer als eins ist.

Revenue:

Wie kann der Umsatz gesteigert werden?

Umsatz kann gesteigert werden, indem der Customer-Lifetime-Value erhöht wird und die Kundenakquisitionskosten gesenkt werden. Der Customer-Lifetime-Value ist der Umsatz, den ein Unternehmen erzielt, während ein Nutzer Kunde ist. Die Kundenakquisitionskosten sind der Geldbetrag, den die Gewinnung eines Kunden kostet. Auch hier muss der Customer-Lifetime-Value langfristig die Kundenakquisitionskosten übersteigen, um Wachstum zu garantieren.

Die AAARR-Metriken helfen Produktmanagern, den typischen Lebenszyklus eines Kunden zu verstehen, indem sie diesen an entscheidenden Stellen messen. Daraus können sie hilfreiche Rückschlüsse ziehen, was die Kunden am Produkt wertschätzen.

Framework 4: Josh Elmars einzige Metrik

Funktioniert das Produkt wirklich?

„Unsere Webseite hat 10 000 Views pro Monat“ oder „es haben sich im letzten Monat 1 000 Nutzer für die Beta-Version angemeldet“ oder „der Prozentsatz der Nutzer, die 1 Tag, 7 Tage und 30 Tage nach der Anmeldung noch aktiv sind, liegt über 26 %“ sind alles beeindruckende Zahlen, aber sie beantworten nicht die Frage: „Wie viele Menschen nutzen das Produkt wirklich?“

Um ihr Produkt erfolgreich zu managen, benötigen Produktmanager eine Kennzahl, die genau diese Frage beantwortet. Auf den ersten Blick klingt diese Frage banal, aber wenn wir genauer darüber nachdenken, was „nutzen“ eigentlich für unser Produkt bedeutet, verstehen wir schnell, dass die Beantwortung der Frage doch sehr kompliziert werden kann.

 Im Folgenden ein Framework, was uns dabei hilft, zu verstehen, was „nutzen“ eigentlich bedeutet.

 Zweck: Warum verwenden die Nutzer das Produkt?

Kernfunktion: Welches ist das Schlüsselverhalten der Nutzer?

Zyklus: Nutzen sie es so häufig wie erwartet?

Zusammengenommen liefert die folgende Metrik die Information: Wie oft führen die Nutzer die Kernfunktion im erwarteten Zyklus aus?

Veranschaulichen wir das Framework am Beispiel von LinkedIn:

Was ist die Kernfunktion von LinkedIn? Der Zweck von LinkedIn ist, dass Mitglieder Kollegen finden und von ihnen gefunden werden. Die Kernfunktion ist somit die Suchfunktion.

Welches Schlüsselverhalten möchte LinkedIn bei seinen Mitgliedern sehen? LinkedIn bietet Lösungen für HR-Abteilungen und Recruiter an, die auf der Suche nach Talenten sind. Deshalb ist LinkedIn darauf angewiesen, dass Talente gefunden werden und auf Anfragen reagieren. LinkedIn möchte also sehen, dass die Nutzer des Netzwerks suchen und gefunden werden.

Nutzen sie es so häufig wie erwartet? Mitglieder sollten etwa 2 bis 3 mal pro Woche nach anderen Mitgliedern suchen. Und Mitglieder sollten etwa 2 bis 3mal im Jahr auf Jobanfragen antworten. Nur so ist LinkedIn langfristig profitabel.

Dieses Framework geht auf Josh Elmar zurück. Josh hat in der Vergangenheit das Wachstum einiger großer sozialer Netzwerke wie LinkedIn, Facebook und Twitter mit begleitet. Seine Einsicht, dass die einzige Metrik, die wirklich zählt, die Nutzung des Produkts ist, hilft seither vielen Produktmanagern, den Wert ihres Produkts zu quantifizieren.

Framework 5: Evidence-Based-Management

Der Wert und die Fähigkeit, diesen zu liefern, sind unzertrennlich.

Die nützlichste Funktion eines Produkts hilft den Nutzern nichts, wenn sie erst geliefert wird, nachdem der Kunde sein Problem bereits behoben hat. Deshalb bezieht das Evidence-Based-Management-Framework neben Wert auch noch die Fähigkeit des Produktteams, Wert zu liefern, in die Betrachtung mit ein. Insgesamt gibt es vier Bereiche, die den Wert eines Produkts maßgeblich bestimmen. Die Bereiche untersuchen die Ziele des Produktteams (Unrealized Value), den aktuellen Stand des Teams in Bezug zu diesen Zielen (Current Value), die Reaktionsfähigkeit des Produktteams bei der Wertlieferung (Time-to-Market) und die Effektivität des Teams bei der Wertlieferung (Ability-to-Innovate).

Current Value:

Der Wert, den das Produkt heute bietet.

Der Zweck der Betrachtung des Current Value ist es, zu verstehen, welchen Wert das Produkt bereits heute an Kunden und Nutzer liefert. Fragen, die Produktmanager für den Current Value kontinuierlich immer wieder bewerten müssen, sind:

  • Wie zufrieden sind Anwender und Kunden heute? Steigt ihre Zufriedenheit oder nimmt sie ab?
  • Wie zufrieden sind unsere Entwickler heute? Steigt ihre Zufriedenheit oder nimmt sie ab?
  • Wie zufrieden sind unsere Investoren und Stakeholder heute? Steigt ihre Zufriedenheit oder nimmt sie ab?

Unrealized Value:

Das ist der potenzielle zukünftige Wert, welcher realisiert werden könnte, wenn das Produkt die Bedürfnisse aller ihrer potenziellen Kunden oder Nutzer bedient. Fragen, die sich Produktmanager hierfür stellen müssen, sind:

  • Kann zusätzlicher Wert durch unser Produkt in diesem oder in anderen Märkten geschaffen werden?
  • Ist es den Aufwand und das Risiko wert, diese ungenutzten Gelegenheiten zu verfolgen?
  • Sollten weitere Investitionen getätigt werden, um zusätzlichen Unrealized Value abzuschöpfen?

Time-to-Market:

Time-to-Market bezeichnet die Fähigkeit eines Produktteams, schnell neue Produktfähigkeiten, Dienstleistungen oder Produkte zu liefern.

Der Grund, Time-to-Market zu betrachten, ist, die Zeit zu minimieren, die ein Produktteam benötigt, um Wert zu liefern. Produktmanager sollten Time-to-Market kontinuierlich neu bewerten und sich fragen:

  • Wie schnell kann das Produktteam aus neuen Experimenten und Informationen lernen?
  • Wie schnell kann sich das Team anpassen – basierend auf diesen Informationen?
  • Wie schnell kann das Produktteam neue Ideen mit Kunden testen?

Ability-to-Innovate:

Das bezeichnet die Effektivität eines Produktteams bei der Lieferung neuer Lösungen, die

die Kundenbedürfnisse besser bedienen.

Das Ziel der Betrachtung von Ability-to-Innovate ist die Maximierung der Fähigkeit des Produktteams, neue Produktfähigkeiten und innovative Lösungen zu liefern. Produktmanager sollten fortlaufend die Ability-to-Innovate neu bewerten, indem sie folgende Fragen stellen:

  • Was hindert das Produktteam an der Lieferung von neuem Wert?
  • Was hindert Kunden daran, Vorteile dieser Innovation zu nutzen?

Die Betrachtung dieser vier Dimensionen ermöglicht es Produktmanagern, besser zu verstehen, wie sich der Wert ihres Produkts zusammensetzt und welche Bereiche sie noch besser verstehen müssen.

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