Entwicklungsmodell: Wie du als Scrum Master die Moderation der Scrum Events zu einer Fertigkeit des gesamten Scrum Teams machst und wirkliches Selbstmanagement förderst
Moderation ist im Scrum Rahmenwerk fest verankert.
Sprint Planning, Daily Scrum, Sprint Review und Sprint Retrospektive sind dadurch bestimmt, dass innerhalb einer vorgeschriebenen Zeitspanne ein Ergebnis erreicht werden soll. Der Scrum Master facilitiert die Zusammenarbeit so, dass das Scrum Team dieses Ergebnis auch erreicht.
Was ist, wenn er nicht zur Verfügung steht?
Du denkst jetzt bestimmt: „Dann übernimmt ein anderes Teammitglied seine Rolle.“ Die Sache ist nur: Facilitation ist eine Fertigkeit, welche erlernt werden muss. Es braucht dazu genauso eine Ausbildung und viel Übung, wie beim Programmieren von Software, Entwerfen eines User-Interfaces oder der Nutzerbefragung. Und leider ist eine schlechte Moderation schlimmer als gar keine Moderation. Ein falsch eingesetzter Moderator kann nicht nur lästig und aufdringlich sein, sondern auch die Gespräche mehr behindern als fördern.
Was bedeutet es für ein Scrum Team, wenn der Scrum Master die einzige Person im Team ist, die Zusammenarbeit effektiv facilitieren kann? Im besten Fall wird seine Arbeit zum Flaschenhals. Im schlimmsten Fall wird seine Rolle zum Hindernis für das Selbstmanagement des Scrum Teams. Du hast richtig gelesen.
Scrum Master, die ihr Moderationswissen nicht mit ihrem Team teilen, können so zum Hindernis für die Teamarbeit werden.
Wenn du nicht zu diesen Scrum Mastern gehören willst, dann lies weiter. Ich verrate dir mein bewährtes Entwicklungsmodell. Es liefert dir eine schrittweise Anleitung, wie du die Facilitation-Fertigkeiten im gesamten Scrum Team entwickeln kannst.
Los geht’s:
1. Keine Facilitation der Scrum Events und Zusammenarbeit im Team
Dieses Stadium ist durch Misserfolge und Frustration gekennzeichnet.
Das Scrum Team schafft es nicht, sich im Sprint Planning auf ein gemeinsames Sprint-Ziel zu einigen. Die Entwickler berichten im Daily Scrum lediglich davon, woran sie gestern gearbeitet haben. Sie planen nicht, wie sie heute als Team zusammenarbeiten können. In der Sprint Retrospektive drehen sich die Diskussionen mal wieder im Kreis. Das Resultat des Meetings ist abermals keine Verbesserung.
Dies sind alles Beispiele, bei denen eine effektive Facilitation der Scrum Events wahre Wunder bewirken würde.
2. Teammitglieder erleben effektive Facilitation durch den Scrum Master
Der Scrum Master verhilft dem Scrum Team dazu, Ergebnisse in den Scrum Events zu erzielen.
Die Scrum Events sind nun durch Folgendes geprägt:
- Jedes Mitglied im Scrum Team hat die Möglichkeit, sich in Ruhe ein Bild von der Aufgabe zu machen.
- Jeder kann seinen Lösungsvorschlag vorstellen, ohne von den anderen verurteilt zu werden.
- Die anderen im Team hören sich diesen Vorschlag an und können Verständnisfragen stellen, damit jeder das Potenzial der Idee kennt.
- Alle Vorschläge werden visualisiert. Niemand muss Kapazitäten darauf verwenden, sich Dinge zu merken. Alle Energie kann auf die Umsetzung der Ideen verwendet werden.
- Es gibt transparente Regeln, wie Entscheidungen im Team getroffen werden.
Durch die Beteiligung aller Teammitglieder an der Entscheidungsfindung steigt die Verantwortung aller für die Umsetzung. Diese Aussage gehört damit der Vergangenheit an: „Hättet ihr mich mal gefragt, ich hätte euch gleich gesagt, dass das so nicht funktionieren kann!“
3. Scrum Master unterrichtet die Teammitglieder in Facilitation
Facilitation der Scrum Events vereinfacht den Teamerfolg maßgeblich.
Die Mitglieder des Scrum Teams haben am eigenen Leib erfahren, was effektive Facilitation ermöglicht. Bei der Lösung von Problemen werden alle zu Rate gezogen und haben auch ein Mitspracherecht. Dadurch übernimmt jeder Einzelne die Verantwortung für die Umsetzung. Die Moderation der Scrum Events ist ebenso wichtig wie das Codeschreiben, die Software-Testung, das User-Interface-Design oder das Nutzer-Interviewing.
Der Scrum Master wird nun gebeten, einen Buy-a-Feature-Workshop mit der Vertriebsabteilung zu moderieren oder einen Event-Storming-Workshop mit dem Enterprise-Architekten zu moderieren. Der Fehler, den so gut wie jeder Scrum Master in dieser Situation macht: Er folgt der Einladung blind! Dadurch verpasst er die Möglichkeit, dem Scrum Team die Grundlagen effektiver Moderation zu erläutern.
Hierzu gehören:
- den Zweck der Scrum Events erklären,
- Entscheidungsprozesse mittels der Groan Zone erläutern,
- einfache Facilitation-Techniken teilen, die in jeder Situation funktionieren.
Diese drei Dinge unterrichte ich in meinem Professional-Scrum-Facilitation-Skills-Training, einem eintägigen Workshop für Scrum Master, die ihre Facilitation-Fertigkeiten weiterentwickeln wollen.
Lieber Scrum Master, wenn du Selbstmanagement fördern willst, dann solltet du dein Wissen nicht für dich behalten. Teile es stattdessen mit deinem Team! Ein Tipp, damit die Wissensvermittlung auch erfolgreich ist: Warte so lange, bis du vom Product Owner oder den Entwicklern um Unterstützung gebeten wirst. Schließlich will niemand grundlos belehrt werden.
4. Scrum Master coacht Teammitglieder, damit sie bessere Facilitatoren werden
Nachdem du deinem Team die Facilitation-Grundlagen erklärt hast, hilfst du jedem Teammitglied sie zu meistern.
Ein guter Start hierfür ist es, die Teammitglieder zu ermutigen, selbst Erfahrungen zu sammeln. Dies ist mit einer kleinen Bitte an sie verbunden: Sie sollten die Sprint Retrospektive moderieren, das Daily Scrum selbständig durchführen oder beim Sprint Planning eine eigene Agenda erstellen.
Moderieren andere Teammitglieder auch Scrum Events, kannst du als gleichberechtigtes Teammitglied nun am Meeting teilnehmen. Wünscht der Facilitator des Events im Nachgang Feedback, dann hast du diese Möglichkeiten:
- Du kannst offene Fragen und aktives Zuhören einsetzen.
- Du kannst deine eigenen Erfahrungen aus ähnlichen Situationen weitergeben.
Beides kann dem Teammitglied als Ausgangspunkt dienen, Verbesserungen seines Ansatzes zur Facilitation zu finden.
5. Facilitation wird eine Fertigkeit des Scrum Teams
Eine gelungene Moderation kann eine erfolgreiche Zusammenarbeit im Team erleichtern und das gewünschte Ergebnis wird schneller erreicht.
Das bedeutet:
- Die Sprint Retrospektive wird nicht mehr ausschließlich vom Scrum Master moderiert.
- Das Daily Scrum kommt ohne Scrum Master aus.
- Im Sprint Review führt der Product Owner eigenständig einen Buy-a-Feature-Workshop durch.
Wenn du als Scrum Master nicht mehr zwingend erforderlich bist, dann hast du ein Umfeld geschaffen, in welchem das Team wirkliches Selbstmanagement lebt.
Am Ende sollten Scrum Master nie vergessen: Selbstmanagement zu fördern ist der eigentliche Auftrag jedes Scrum Masters!
Wenn du mehr über Facilitation und Scrum erfahren willst, dann sieh dir die Aufzeichnungen zu meinem Webinar an: Effektive Kommunikation: Wie nur 3 Facilitation-Methoden die wichtigste Fähigkeit eines Scrum Teams fördern