Titelbild des 16. Teils der Reihe "Scrum im Selbststudium"

Scrum im Selbststudium – Teil 16: Das Scrum-Team und seine Verantwortung


Willkommen zum 16. Teil der „Scrum im Selbststudium“-Artikelreihe. Die Übersicht zu allen Teilen findest du am Ende dieses Beitrags.

Nach den Scrum-Events schauen wir nun auf das Scrum-Team selbst, das die Optimierungen, die innerhalb der Sprint-Retrospektive aufgedeckt wurden, umsetzen muss.

Wer ist Teil des Scrum-Teams?

„Der zentrale Bestandteil von Scrum ist ein kleines Team von Menschen, ein Scrum-Team. Das Scrum-Team besteht aus einem Scrum Master, einem Product Owner und Developern.“

Scrum Guide, 2020

Ein Scrum-Team besteht also aus

  • einem Product Owner,
  • mehreren Entwicklern
  • und einem Scrum Master.

Bei der Lösung komplexer Probleme ist die Zusammenarbeit von Fachexperten unerlässlich. Kreative und innovative Lösungen entstehen nur, wenn die Perspektiven unterschiedlicher Experten zusammenkommen. Um diese Zusammenarbeit zu erleichtern, in der Kommunikation jeden einzubeziehen, die Entscheidungsfindung zu vereinfachen und die Entwicklungsgeschwindigkeit zu beschleunigen, gibt es in Scrum nur drei Verantwortlichkeiten. Der Scrum Guide spricht hier bewusst nicht von Rollen, da diese keine Hierarchien darstellen. Sondern jede der Verantwortlichkeiten beschreibt eine bestimmte Perspektive auf die Arbeit.

Die drei Perspektiven auf die Arbeit in einem Scrum-Team:

  • Product Owner: Der Product Owner behält den Wert des Produkts im Auge, der durch die Arbeit der Entwickler entsteht.
  • Entwickler: Sie übernehmen die Verantwortung, das Produkt mit all seinen Facetten zu verwirklichen und seine Qualität hochzuhalten.
  • Scrum Master: Scrum Master betrachten die Arbeit des Teams aus der Perspektive der empirischen Prozesssteuerung und auch, wie gut Transparenz, Überprüfung und Anpassung Gestalt annehmen.

In Scrum-Teams gibt es weder Hierarchien noch Teilteams.

„Es handelt sich um eine geschlossene Einheit von Fachleuten, die sich auf ein Ziel konzentrieren, das Produkt‐Ziel.“

Scrum Guide, 2020

Die drei Verantwortlichkeiten sind notwendig und ausreichend, um in jeder Umgebung empirisch zu arbeiten. Ist eine dieser Verantwortlichkeiten im Scrum-Team nicht besetzt, ist empirisches Arbeiten nicht möglich. Weitere Rollen sind nicht erforderlich.

Die Unvorhersehbarkeit selbst eines einzelnen Sprints stellt zwei wichtige Anforderungen an die Arbeitsweise und die Organisation des Scrum-Teams:

Um schnell zu entscheiden, managen Scrum-Teams ihre Arbeit selbst

Die Lösung komplexer Probleme zeichnet sich dadurch aus, dass viele unterschiedliche Ansätze probiert werden müssen, um eine gute Lösung zu finden. Dafür braucht es Intelligenz, Kreativität und Hingabe, um die vielen unerwarteten Dinge, die dabei auftreten, schnell zu bewältigen. Deswegen managen sich Scrum-Teams selbst.

„Sie managen sich außerdem selbst, d. h. sie entscheiden intern, wer was wann und wie macht.“

Scrum Guide, 2020

Sie entscheiden, wie sie arbeiten und was sie an der Art und Weise, wie die Arbeit erledigt wird, verbessern wollen. In Scrum-Teams gibt es keinen Manager, der die Arbeit für alle bestimmt oder verwaltet.

Alle Personen, die die Arbeit erledigen, arbeiten zusammen, um Entscheidungen innerhalb des Rahmens zu treffen, den Scrum bietet. Die Grenzen sind in den Verantwortlichkeiten beschrieben:

„Scrum definiert drei spezifische Ergebnisverantwortlichkeiten innerhalb des Scrum-Teams: Developer, Product Owner und Scrum Master.“

Scrum Guide, 2020

Nur wenn die Entscheidungen von denen getroffen werden, die die Arbeit erledigen und das Umfeld des Produkts kennen, kann fundiert und schnell entschieden werden.

Als Team übernehmen die Teammitglieder die Verantwortung für die Summe ihrer Entscheidungen, indem sie die Rechenschaft für das Ergebnis ihrer Entscheidungen übernehmen:

„Das gesamte Scrum-Team ist ergebnisverantwortlich (accountable), in jedem Sprint ein wertvolles, nützliches Increment zu schaffen.“

Scrum Guide, 2020

Ein Beispiel, welches auf Ken Schwaber zurückgeht, mit dem eindrücklich verdeutlicht werden kann, wie weit wirkliches Selbstmanagement geht, ist die Frage, die Ken bei einem Besuch bei SAP gestellt hat:

„Wie sollten 100 Entwickler auf mehrere Scrum-Teams aufgeteilt werden?“

Um wirkliches Selbstmanagement zu ermöglichen, sollten nur die Rahmenbedingungen aufgezeigt werden. Etwa wie viele Personen in einem Team sein sollten, welche Fähigkeiten benötigt werden und an welchem Produkt das Team arbeiten wird. Die Aufteilung der Gruppe auf die Teams sollte aber vollständig in die Verantwortung der Entwickler gegeben werden.

Scrum-Teams sind interdisziplinär, um die Lieferfähigkeit nicht zu gefährden

Die Arbeit selbst zu managen und die Verantwortung für das Ergebnis zu übernehmen, reicht noch nicht aus, um das Risiko, welches in der Entwicklung von Produkten stets herrscht, zu minimieren. Es braucht noch mehr:

„Scrum-Teams sind interdisziplinär, d. h. die Mitglieder verfügen über alle Fähigkeiten, die erforderlich sind, um in jedem Sprint Wert zu schaffen.“

Scrum Guide, 2020

Erst wenn das Scrum-Team auch die nötigen Fähigkeiten besitzt, die Probleme zu lösen, kann es wirklich erfolgreich sein.

Da allerdings die Fähigkeiten, die nötig sind, um ein Problem vollumfänglich zu lösen, nicht im Vorfeld bekannt sind, entstehen häufig Engpässe in der Verteilung der Fähigkeiten innerhalb des Scrum-Teams.

Sind etwa UX-Fähigkeiten im Team nötig, um einen Aspekt des Produkts zu entwickeln, ist ein UX-Experte hilfreich. Wenn alle Verantwortung für das Design auf seinen Schultern liegt, kann es ihn überfordern. Die Überforderung führt dazu, dass das Team auf seine Arbeit warten muss und so insgesamt langsamer wird. Das Gleiche gilt für andere Fertigkeiten wie Softwareentwicklung, Test, Analyse, Entdeckung oder Produktmanagement. Deshalb setzen Scrum-Teams alles daran, immer sicherzustellen, dass mehrere Teammitglieder jede Arbeit, die bei der Produktentwicklung anfällt, erledigen können. Dabei geht es nicht darum, dass jeder alles kann, sondern dass das Team gemeinsam jede Arbeit erledigen kann.

Die Entwickler sind dafür verantwortlich, Fähigkeitsengpässe im Team zu reduzieren. Denn:

„Das Scrum-Team ist umsetzungsverantwortlich (responsible) für alle produktbezogenen Aktivitäten: Zusammenarbeit mit den Stakeholdern, Verifikation, Wartung, Betrieb, Experimente, Forschung und Entwicklung und alles, was sonst noch erforderlich sein könnte.“

Scrum Guide, 2020

Das Scrum-Team stellt dies sicher, indem die Teammitglieder sich weiterbilden, voneinander lernen und daran arbeiten, ihre Abhängigkeiten von anderen Personen oder Abteilungen zu minimieren, die nicht zu ihrem Team gehören. Vor allem dann, wenn diese Fertigkeiten häufig notwendig sind, damit das Team das Inkrement liefern kann.

Jede Abhängigkeit zu Personen außerhalb des Teams kann die Lieferfähigkeit verlangsamen oder ganz blockieren. Eine Störung der Lieferfähigkeit wirkt sich negativ auf die Fähigkeit aus, empirisch zu arbeiten. Und sie erhöht das Risiko, dass Kunden unzufrieden mit dem Produkt sind. Deshalb müssen diese Abhängigkeiten reduziert werden. Dies kann auf unterschiedliche Weise passieren: durch Automatisierung, das Erlernen neuer Fertigkeiten oder die Aufnahme neuer Teammitglieder – und das sind nur einige Beispiele.

Ausblick: Im nächsten Teil sehen wir uns die Rolle des Product Owners näher an.

Wenn du Fragen hast, schreibe sie gerne in die Kommentare hier im Blog oder auf unserem Colenet-Linkedin-Account.

Hier findest du alle Teile der Reihe „Scrum im Selbststudium“:

Teil 1: Agile Projekte sind erfolgreicher 

Teil 2: Scrum in 11 Schritten im Schnelldurchlauf erklärt

Teil 3: Warum ist die regelmäßige Überprüfung und Anpassung erfolgversprechender als Vorabanalyse und detaillierte Planung?

Teil 4: Zur Lösung komplexer Probleme hat sich ein empirischer Ansatz bewährt

Teil 5: Die Grundlage eines funktionierenden empirischen Prozesses ist Vertrauen

Teil 6: Die Scrum Artefakte stellen Transparenz her

Teil 7: Die mögliche Zukunft – Das Product-Backlog

Teil 8: Die Gegenwart – Das Sprint Backlog

Teil 9: Die Vergangenheit – Das Produkt-Inkrement

Teil 10: Scrum Events erlauben, die Artefakte zu überprüfen und anzupassen

Teil 11: Sprint – Erstellung eines Inkrements

Teil 12: Sprint Planning – Planung der Arbeit des Sprints

Teil 13: Daily Scrum – Tägliche Überprüfung des Fortschritts in Richtung des Sprint‐Ziels und Justierung der geplanten Arbeit

Teil 14: Sprint Review – Überprüfung der Sprint-Ergebnisse und weitere Planung

Teil 15: Sprint Retrospektive – Aus dem vergangenen Sprint lernen und Verbesserungen planen

Teil 16: Das Scrum-Team und seine Verantwortung

Teil 17: Der Product Owner maximiert den Wert des Produkts

Teil 18: Die Entwickler schaffen jeden Sprint ein nutzbares Inkrement

Teil 19: Der Scrum Master verantwortet die Effektivität des Scrum-Teams

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